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es gibt ja für jede Kleinigkeit einen toll klingenden Begriff 🙂 Prosopagnosie ist die Unfähigkeit, Gesichter zu erkennen. Ich gestehe, ich bin so eine- wie ungefähr 2,5% aller Menschen. Im normalen Alltag ist das nicht weiter schwer zu überspielen, denn die meisten Menschen haben entweder einen festen Bezug ( Mann in Tierarztpraxis= Tierarzt) oder andere eindeutige Merkmale ( Mann in Uniform= Dorfsheriff, Frau mit ausgebreiteten Armen auf mich zurennend= beste Freundin). Verändert sich allerdings eines dieser Merkmale ( Tierarzt in der Apotheke treffen, Dorfsheriff ohne Uniform, traurige Freundin) bin ich hilflos. Kenne ich nicht, habe ich nie gesehen. Es kommt häufiger vor, dass mir jemand freundlich zuwinkt und ich verzweifelt überlege, wer das denn jetzt war. Naja, was heißt „häufig“. Eigentlich immer. Manchmal kann ich dann vom Gesprochenem darauf schließen, wer es hätte sein können- manchmal aber auch nicht. Mister ist daran gewöhnt, dass ich mich eine halbe Stunde mit jemandem angeregt unterhalten kann- aber auf die Frage „ wer das war“ nur „ keine Ahnung“ antworten kann. Ich bin schon öfters angemeckert worden, warum ich nicht mal Hallo sage wenn ich jemanden treffe. Das ist keine böse Absicht. Ich müßte jeden grüßen um zufällig auch die Richtigen zu treffen. Stellt euch das mal im Einkaufszentrum vor.
Fahndungsplakate sind alleine deswegen für mich schon ein Kuriosum. Ja, nun, da wird ein Mann gesucht ( ich kann zumindest Männlein von Weiblein unterscheiden). Ich könnte den Mann nicht erkennen, wenn er lebendig neben dem Plakat stünde. Wie man jemanden so gut beschreiben kann, dass ein anderer ein Gesicht daraus zeichnen kann, ist für mich ein Rätsel.
Panische Angst habe ich davor, wenn ich eines Tages mal ein Familienmitglied beschreiben müßte. Wie peinlich! Ich erkenne meine nächsten Anverwandten, aber ich könnte nicht mal die Kopfform beschreiben.
Alles, was innerhalb des Gesichtes stattfindet, ist für mich so wie ein Strichmännchengesicht. Augen, Nase, Mund. Das ist genauso individuell wie die Buchstaben, mit denen das Wort geschrieben ist. Ich erkenne eine Nase als solche, aber alle Nasen sehen gleich aus.
Facebook wiederum finde ich extrem hilfreich, weil da neben dem Foto immer der Name steht 🙂 Ich liebe Facebook. Verändert sich der Avatar, steht da trotzdem der Name. Man kann sowas auswendig lernen- hilft aber nicht, wenn der Mensch vom Foto in der Realität eine andere Frisur trägt.

Was will ich eigentlich mit diesem Blogeintrag bewirken? Vielleicht, mein manchmal etwas introvertiertes Verhalten zu erklären und ein bißchen Verständnis zu bekommen. Weil „ strickende Frau, muß ich kennen“ nicht unbedingt gleich bei mir die Erleuchtung bringt wer das sein könnte und ich furchtbare Angst habe, deswegen in ein Fettnäpfchen zu treten. Ich muß abwarten was mein Gegenüber sagt, damit ich daraus schließen kann wer das ist. Wenn ich also erst mal still bin und zuhöre, dann liegt das nur daran, dass mein Gegenüber ein Gesicht hat 🙂 und das ihm von mir zugeschriebene Merkmal zur Wiedererkennung versagt hat. Mein Hirn hat nämlich nicht begriffen, dass „blaue Jacke“ kein so tolles Merkmal ist.
Davon abgesehen: über Wolldinge kann man sich auch hervorragend austauschen, wenn man sich ( vielleicht) gar nicht kennt.